Die Stadt Bochum hat sich im Zuge der Stadtentwicklung das Ziel gesetzt, jährlich mindestens 800 Wohneinheiten, besser 1000, in Bochum neu zu bauen. Mindestens 20 Prozent der neugebauten Wohnungen sollen öffentlich gefördert werden. Die Neubauten sollen in u.a. in Gerthe-West, am Schlosspark und Hinter der Kiste in Weitmar, am Wilhelm Leithe Weg und Bahnhofsquartier in Wattenscheid, am Ruhrort in Dahlhausen sowie an der Brantopstraße errichtet werden. Aufstellungsbeschlüsse, beispielsweise am Schlosspark oder am Wilhelm-Leithe-Weg-Süd, sind bereits auf den Weg gebracht worden.
„Aus der Bürgerschaft formiert sich zu Recht erheblicher Widerstand bis hin zur kompletten Ablehnung der Bauvorhaben“, sagt Hans-Josef Winkler, stv. Ratsfraktionsvorsitzender der UWG: Freie Bürger. „Die Kritik richtet sich gegen die Art und Weise der Bauvorhaben, gegen die erheblichen Eingriffe in Natur und Klima unter Nichtbeachtung des von der Stadt Bochum ausgerufenen Klimanotstandes und vor allem gegen die mangelnde Kommunikation und Mitsprache.“ Einige Bauvorhaben stützen sich unter anderem auf Daten und Erkenntnissen aus dem Handlungskonzept Wohnen 2017, so Winkler weiter, zudem wurden zum Teil Untersuchungen wie Verkehrszählungen in Pandemiezeiten durchgeführt. „Es ist zumindest zweifelhaft, ob die so ermittelten Ergebnisse der Realität entsprechen.“
Auch hätten sich die Grundlagen für die Entscheidung der Bauvorhaben zwischenzeitlich elementar geändert. Winkler: „Die gestiegenen Zinsen und explodierenden Herstellungs-, Material- und Personalkosten, sowie mangelnde Verfügbarkeit von Mensch und Material und Inflation haben dazu geführt, dass selbst Unternehmen wie Vonovia davon absehen, neu zu bauen. Auf Grund dessen ist die Umnutzung von Flächen und die Sanierung und Erweiterung (durch Aufstockung) des Bestandes, auch im Sinne der Nachhaltigkeit und der Baukostenentwicklung primär zu verfolgen. Auch ergreift aktuell das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz (BMUV) Maßnahmen, ökologisch wertvolle Flächen zu erhalten und Wohnraum besser durch sogenanntes Flächenrecycling zu schaffen.“
Die UWG: Freie Bürger-Ratsfraktion hat daher einen Fragenkatalog erstellt und ins politische Gremium des Ausschusses für Planung und Grundstücke eingebracht:
Inwieweit setzt die Verwaltung die Erkenntnisse des BMVU um, in laufenden Bebauungsverfahren den Erhalt von Ackerflächen, Freiflächen und Kaltluftleitbahnen zu berücksichtigen?
Wie viele Wohneinheiten wurden seit 2017 durch die Umnutzung und Entsiegelung von Brachflächen, Baulücken und bestehendem leerstehendem Wohnraum (Flächenrecycling) geschaffen?
Welches Potenzial sieht die Verwaltung, durch Umnutzung und Entsiegelung von Brachflächen, Baulücken und bestehendem leerstehendem Wohnraum (Flächenrecycling) zukünftig zu schaffen?
Inwieweit ist der Ankauf und die Umnutzung von Schrottimmobilien eine Option?
Inwieweit werden die Ergebnisse des Naturschutzbeirates aus der Sitzung vom 29.03.2023 im Aufstellungsbeschluss für das Änderungsverfahren 55 BO (Dietrich-Benking-Straße Ost) berücksichtigt, der da fordert, dass Acker- und Grünflächen nicht zu versiegeln, zusammenhängende Biotopverbünde zu erhalten und Entscheidungen aufzuschieben sind, bis das aktuelle Wohnbaulandkonzept und der Klimaplan abgestimmt sind.
„Es gibt eine Menge zu kritisieren und zu hinterfragen“, resümiert Hans-Josef Winkler, „denn vor dem Hintergrund des Klimawandels und explodierender Mieten müssen alle Bauvorhaben in Bochum auf den Prüfstand und neu betrachtet werden.“