Ein Informationsrundgang sollte es werden, doch letztlich war‘s mehr ein Protestzug, ein Gänsemarsch durch die Felder. Es geht um das Plangebiet „Gerthe-West“ im Bochumer Norden, das großflächig bebaut werden soll. Für Hans-Friedel Donschen von der UWG-Freie-Bürger war die NRW-Urban-Veranstaltung, die am 29. August stattfand, eine böse Überraschung: „Wenn sie so planen und bauen wollen, wie sie heute die Bürger*innen infomiert haben, dann sehe ich schwarz!“
Donschen, Mitglied der Bezirksvertretung Nord, ist entrüstet: „So etwas habe ich noch nie erlebt. Da wird zu einer Bürgerinformation geladen und kein Vertreter der Bauverwaltung oder der Koalition von SPD und Grüne ist vor Ort. Der Vertreter von NRW.Urban war mit der Situation völlig überfordert und auch technisch mangelhaft ausgestattet. Man konnte seinen Ausführungen einfach nicht folgen, da er akustisch nicht zu verstehen war. Auch die Fragen aus den weit über 300 Teilnehmer*innen gingen unverständlich in der unruhigen Menge der am Rundgang Beteiligten unter.“
Dass der Quartiersspaziergang auf ein derart großes Interesse stoßen würde, hätte man wissen müssen, sagt Donschen. „Es geht ja nicht darum, nur ein paar neue Häuser zu bauen. Das Projekt ist groß dimensioniert, sieht Eingriffe in ein Landschaftsschutzgebiet vor, auch sind neue Verkehrswege geplant. Da muss gut und detailreich informiert werden. Das ist bisher nicht geschehen. Und deshalb sind die Bürger schon seit geraumer Zeit genervt.“
In dem neuen Quartier soll ein gesunder Mix von Freiflächen zu bebauten Flächen entstehen. Die Dichte der Bebauung könne dabei variieren und ist zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig offen, so beschreibt NRW.Urban, der von der Stadt Bochum beauftragte Entwicklungsträger, das Vorhaben in seinem Informationspapier, das beim Spaziergang erhältlich war. Die Broschüre bietet zudem Raum für Notizen und Anmerkungen der Bürger*innen.
Viele Bürger*innen sind verunsichert, wissen nicht, wie das Planungs- und Bauvorhaben einzuschätzen ist. Sie erhofften sich grundlegende Statements, beispielsweise über die Größe und Höhe der Häuser, eventuell auch weiterführende Infos. Die wurden an diesem Tag jedoch „im wahrsten Sinne vom Winde verweht, das Ganze war eine Farce“, sagt Donschen.
Vernünftige Bürgerbeteiligung an einem Planungsprozess sehe anders aus. Oder war es nur eine Pflichtveranstaltung, um der Form Genüge zu tun? „Es wäre beispielsweise ein gutes Zeichen gewesen, wenn unser Oberbürgermeister, der Bezirksbürgermeister aus Bochum-Nord oder der Baudezernent an der Veranstaltung teilgenommen hätten“, sagt Hans-Friedel Donschen, „dann wäre so zumindest schon einmal eine leichte Vertrauensbasis geschaffen worden.“
Der Quartiersspaziergang bildete den Auftakt für den beginnenden Planungsprozess, bei dem drei interdisziplinäre Planungsteams bis Ende des Jahres 2020 Vorschläge zur städtebaulichen Rahmenplanung erarbeiten. Dieses, so schreibt NRW.Urban, dialogorientierte Verfahren wird in eine intensive Beteiligung der Öffentlichkeit eingebettet. Donschen abschließend: „Und darauf wollen wir achten, dass diese Beteiligung auch tatsächlich stattfindet.“